kRISE, kLInIk & kOMMunIkATIOn Anschläge und Attentate: Herausforderungen für die Radiologie T error, Anschläge und Attentate sind festlegt, wie die Rettungskräfte die Patienten überhaupt erreichen und vor allem, wie sie verteilt werden“, erklärt Wirth. „Logistisch ist es von enormer Bedeutung, dass die Pa- tienten 1.) anhand ihrer Verletzungsschwere verteilt werden, 2.) die Kapazität und Ent- fernung der Krankenhäuser dabei berück- sichtigt werden und 3.) so lange wie irgend möglich nur ein Patient auf einmal eingelie- fert wird. Mit steigender Zahl der Verletzten wird diese Taktung natürlich immer enger und irgendwann wird der Punkt erreicht, an dem mehrere Patienten gleichzeitig pro Versorgungspunkt eintreffen. Wann genau das passiert, ist bisher unbekannt“, klärt Wirth auf. Beim Anschlag auf das OEZ in München war die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte sehr wichtig. Vorbereotung auf den Ernstfall Anschläge und Attentate sind glücklicher- weise seltene Ereignisse. Dies hat jedoch den Nachteil, dass entsprechend wenig Erfah- rung besteht und Routine kaum anhand re- aler Praxis erlernt werden kann. Daher wird ein solcher Ablauf stattdessen in Simulati- onen trainiert, deren Abfolge sich beim An- schlag im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München im Juli 2016 bewährt hat. „Da wir kaum auf Erfahrungswerte zurückgrei- fen und solche Situationen nur rechnerisch vorhersehen können, dient uns der Anschlag am OEZ nun als Anhaltspunkt für entspre- chende Berechnungen“, so Wirth. Doch wie immer gilt, dass Training allein zwar eine gute, aber keineswegs vollständige Vorberei- tung darstellt. Stefan Wirth hat daher einen guten Rat für alle Beteiligten: „Die wich- tigste Botschaft ist: Erwarte das Unerwar- tete, denn das ist die wahre Herausforderung. Es ist gut, wenn Krisensituationen trainiert, simuliert und bestenfalls direkt ins Krisen- management einbezogen, also Kennzahlen mittlerweile auch in Mitteleuropa angekommen. Eine adäquate Vor- bereitung aller Einsatzkräfte ist da- her besonders wichtig. Denn nicht nur eine hohe Reaktionsbereitschaft, sondern auch effiziente Kommunikationsketten und interdisziplinäre Zusammenarbeit sind in solchen Szenarien unabdingbar. Professor Stefan Wirth, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Radiologie der Universität München, zeichnet ein nüch- ternes Bild zum aktuellen Status. Der wichtigste Faktor nach Anschlägen und Attentaten ist die eingespielte, interdis- ziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten und die daraus entstehende Priorisierung der abzuarbeitenden Aufgaben. Meist wird an das typische Bild gedacht, Explosionen oder Schussverletzungen in großer Zahl. Hier kann auch die Radiologie viel bewir- ken. „Es gibt aber auch andere Szenarien“, be- tont Wirth, „wie biologische oder chemische Anschläge oder Situationen, bei denen ra- dioaktive Substanzen ausgetreten sind und vieles weitere mehr. Das sind dann Umstän- de, wo es auch in der Radiologie noch viel anspruchsvoller sein dürfte, so adäquat zu reagieren, wie wir uns das alle wünschen.“ Während bereits die Triage am An- schlagsort anspruchsvoll sein kann, so ist auch alles Nachfolgende nicht minder wich- tig. „Eine Priorisierung findet sowohl am Unfallort als auch im Krankenhaus statt. Eingebunden sind Ersthelfer, Sanitäter, Be- rufsfeuerwehr und staatliche Organe. Es gibt für derartige Szenarien Arbeitsgruppen und Einsatzteams, die auf Grundlage einer Ver- teilungsmatrix arbeiten. Dies klingt kom- pliziert, ist aber im Prinzip ein Schema, das n n a m t r a H / n e h c n e u m y m : t h g i r y p o C Erleben Sie den CereTom® Live: Besuchen Sie uns auf dem 10. Internationalen CT Symposium. Samsung Stand X8 im EG. Weitere Informationen über den CereTom® finden Sie auf unserer neuen Website unter: www.samsunghealthcare.com/de. SAMSUNG Electronics GmbH - Health Medical Equipment Am Kronberger Hang 6 | 65824 Schwalbach/ Ts. 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Menschen fallen Treppen herunter, brechen sich die Knöchel, laufen durch Glastüren oder werden von anderen Menschen einfach überrannt.“ Es passiert also auch im größten Bemühen und mit einer großartigen Polizeileistung, dass die Massen völlig unangebracht reagieren“, weiß Wirth aus Erfahrung zu berichten. „Paniken haben uns um ein Vielfaches mehr Patienten be- schert, als wir Opfer aufgrund des Anschlags hatten. Die eigentliche Versorgungsleistung in München betraf nicht die Schwerverletz- ten, die war problemlos realisierbar. Aber die vielen Begleitverletzten werden in der Vor- bereitung und Simulation bislang zu wenig berücksichtigt!“ Terror ost auch eon Zahlenspoel Trotz oder vielleicht aufgrund der ernüch- ternden Realität seiner bisherigen Erfah- rungen rät Wirth allen Radiologinnen und Radiologen, die Bestandteil eines solchen Professor Dr. Dr. Stefan Wirth ist Geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Radiologie der Universität München und widmet sich seit vielen Jahren praktisch und wissenschaftlich intensiv der Notfallradiologie. Zudem ist er Präsident der Europä- ischen Gesellschaft für Notfallradiologie. Veranstaltung Donnerstag, 18.01.2018, 16:10-16:30 uhr Radiologie bei Anschlägen und Attentaten Stefan Wirth, D-München Session: neurologie/notfall Einsatzteams sind, an Simulationen teilzu- nehmen. „Gerade in großen Städten und Me- tropolregionen mit vielen Versammlungsor- ten werden Anschlagsszenarien zukünftig immer wahrscheinlicher. Es ist daher wichtig, sich mit den vorhandenen, einfachen Stan- dards adäquat vorzubereiten, weil diese viel sicherer sind. Es bringt nichts, wenn wir den Untersuchungsablauf so stark beschleunigen würden, was durchaus möglich ist, dass am Ende so viele behandlungsbedürftige Pati- enten in die Intensivstationen und Operati- onssäle gelangen, dass die Versorgung nicht mehr gegeben ist.“ Simulationen ergeben, dass pro CT-Scan- ner, pro Stunde mit einem zeitoptimierten CT-Protokoll rechnerisch ein Maximum von 20 Patienten untersucht werden kann. „Wenn wir diesem folgten, würden wir an einem Klinikum mit fünf Computertomo- graphen stündlich bis zu 100 behandlungs- bedürftige Patienten für Intensivstationen oder Operationssäle produzieren. Das würde selbst die Kapazitäten der größten Uniklinik sprengen“, so Wirth. Immerhin: Manpow- er ist genug und schnell verfügbar. Der Fall München hat gezeigt, dass innerhalb von 20 Minuten ausreichend Personal vor Ort war. Am Ende sogar dreimal so viel wie notwen- dig. „Es mangelte eher an Aufnahmekapazi- täten, Räumlichkeiten und absoluten Bana- litäten, wie z.B. Speise- und Getränkeversor- gung des Personals“, stellt Wirth klar. Und noch etwas ist Wirth besonders wichtig: „Wir müssen uns über die Kommu- nikation Gedanken machen. Wie arbeitet man am besten mit der Chirurgie zusam- men? Wie mit der Anästhesie? Wie läuft die Kommunikation mit der Berufsfeuer- wehr am besten, direkt oder indirekt? Und schlussendlich sollten die radiologischen Bilder schnellstmöglich allen zur Verfügung gestellt werden, die sie brauchen, also den Stationen und Operationssälen. Es bringt nichts, den Patienten in drei Minuten zu un- tersuchen und in fünf Minuten komplett zu diagnostizieren, wenn diese Informationen dann in der Kommunikation mit den Wei- terbehandelnden versiegen. Die bei weitem meiste Zeit wird in Notfallsituationen mit Schnittstellen vertan und nicht mit der ei- gentlichen Leistung, an die aber alle zuerst denken. Das halte ich persönlich für wich- tiger als ein eingeübtes Standard-Polytrau- ma-Protokoll noch weiter zu beschleunigen. Mit diesem ist es immerhin möglich, unter sonst optimalen Bedingungen pro CT-Scan- ner sechs Patienten stündlich zu versorgen. Das erscheint bei guter Planung ausreichend. Es muss allerdings unbedingt sichergestellt sein, dass ein anhand von einfach zu erler- nenden Standards eingeübtes radiologisches Team niemals der Flaschenhals in der Versor- gung einer solchen Situation ist.“ CereTom® Mobiler Kopf-CT-Scanner Für mehr Mobilität im klinischen Alltag, in der Notfallmedizin und bei Schlaganfalldiagnosen. • Direkte Bildgebung am Point of Care • Diagnose ohne Transport und Bewegung des Patienten • Schnelle Behandlungsmöglichkeiten in kritischen Situationen • Steigerung des klinischen Outcomes bei Schlaganfällen und anderen kritischen Zuständen • Kontinuierliche intensivmedizinische Patientenüberwachung • Geringerer logistischer Aufwand und geringere Kosten (Personal, Transport, etc.)