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RRR 2015

D ie radiologische Abteilung ist im Kran- kenhaus der Ort, an dem der medizi- nisch-technische Fortschritt den un- mittelbarsten Einfluss auf die Arbeits- prozesse ausübt. Die bildgebenden Systeme werden immer komplexer und erzeugen eine ständig wachsende Menge von 2D-, 3D- oder 4D-Bilddaten in immer höheren Auflösungen. Für die tägliche Arbeit des Radiologen bedeu- 16 RADIOLOGIEREPORTRUHR 2015 DEMENZ eine Levy-Körper-Erkrankung mit ge- meinsamer Pathologie (neuronale Ab- lagerungvonα-Synuclein)funktionell bildgebendsensitivundspezifischvon der klassischen Alzheimerdemenz ab- gegrenzt: Bei Morbus Alzheimer gibt es bestimmte Hirnareale, die von der Erkrankung geschont werden und wie einzelne Waldstücke nach dem Flächenbrand zunächst erhalten blei- ben (zum Beispiel okzipitaler Kortex). Alzheimerpatienten haben deshalb oft noch ein relativ gutes visuelles Ge- dächtnis. Dagegen leiden Patienten mit Levy-Körper-Erkrankung oder Parkinsondemenz mitunter sehr früh unter visuellen Halluzinationen, die von okzipitalen Verminderungen des Stoffwechsels und der Durchblutung begleitet werden. Zudem zeigen obige durch α-Synuclein bedingte Demenz- syndrome szintigraphisch Vermin- derungen striataler präsynaptischer Dopamintransporter, die bei Morbus Alzheimer fehlen. Hoffnungsträger ß-Amyloid? In der Forschung geht man davon aus, dass Patienten mit Demenz zu- künftig früher, kausaler, gezielter und individueller behandelt werden (personalisierte Medizin). Eine Hoff- nung ist dabei die ß-Amyloid-PET/ CT, der eine pathogenetische Rol- le bei Dysfunktion und Absterben von Nervenzellen Demenzkranker zukommt. „In Studien lernen wir gerade die Normalverteilung des ß-Amyloids bei Gesunden im zeit- lichen Verlauf und bei Patienten mit unterschiedlichenneurodegenerativen Erkrankungen kennen. Das Messver- fahren wurde standardisiert und ist heute mit einer Untersuchungsdau- er von etwa einer Stunde so einfach wie eine FDG-PET/CT. Hinsichtlich des zukünftigen Stellenwertes der ß-Amyloid-PET/CT für die Demenz- diagnostik bleibt abzuwarten, wohin die Reise geht, da auch die Forschung an anderen Biomarkern und mole- kularen Tests auf Hochtouren läuft. Aller Voraussicht nach wird sich die ß-Amyloid-PET/CT als wichtiges Tool spezieller wissenschaftlicher Fragestellungen etablieren. „Und was machen Sie, wenn Sie einen patho- logischen Amyloid-Scan haben, aber klinisch gesund sind? Geht es Ihnen dann wirklich besser?“ So müssen bei der Indikationsstellung und der Bewertung sowohl „falsch positive“ Befunde in Betracht gezogen werden als auch mögliche, derzeit noch nicht definierte Latenzzeiten zwischen einer ß-Amyloid-Pathologie der PET/CT und tatsächlichem Krankheitsbeginn. N eurologen, Psychiater, Radiolo- gen und Nuklearmediziner se- hen sich derzeit einer wachsen- den Zahl von Anfragen zur Ab- klärung einer Demenz gegenüber. Bei neurodegenerativen Erkrankungen ist dabei die klinische Untersuchung durch den Nervenarzt bereits häufig richtungsweisend und weiterführende strukturelle beziehungsweise funkti- onelle Bildgebung kann auf ein Mi- nimum beschränkt werden“, erklärt Christian Boy, Oberarzt am Institut für Diagnostische und Interventio- nelleRadiologie,Neuroradiologieund Nuklearmedizin im Universitätskli- nikum-Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer. „Darüber hinaus gibt es viele Situa- tionen, wo es differenzialdiagnostisch sinnvoll ist, uns zu konsultieren.“ Mit „uns“ meint er das Team aus Radio- logen und Nuklearmedizinern am Knappschaftskrankenhaus, wo die Wände zwischen den Departments sprichwörtlich gefallen sind. Die bei- den Facharztgruppen bilden wie in den USA ein Team. „Wir werden bei- spielsweise auch gefragt, wenn mittels struktureller oder funktioneller Bild- gebung eine weitere differenzialdia- gnostische Eingrenzung des Krank- heitsbildes notwendig ist. Die funk- tionelle Bildgebung wie SPECT/CT undPET/CTmitDurchblutungs-und Stoffwechseltracern oder spezifischen Demenztracern hat dabei ihren Stel- lenwert, da funktionelle und bioche- mische Störungen strukturellen Ver- änderungeninderRegelvorausgehen.“ Diagnose im Team Moderne Neurobildgebung liefert morphologische, funktionelle und molekulare Momentaufnahmen des Gehirns im klinischen Kontext. Ge- rade bei der Differenzialdiagnostik der Demenz und anderer neurodege- nerativer Erkrankungen sind interdis- ziplinäre Lösungswege gefragt. Dabei ist bereits bei der Indikationsstellung eine gute Kommunikation mit den zuweisenden nervenärztlichen Kolle- ginnen und Kollegen notwendig. Der volle diagnostische Stellenwert einer morphologischen oder funktionellen Bildgebung des Gehirns ergibt sich letztlich interdisziplinär im Kontext aller Beobachtungen, im Idealfall innerhalb einer neurologischen/psy- chiatrischen Konferenz, die Befunde moderiert und validiert. Im Verlauf imponieren neurodegenerative Er- krankungen symptomatologisch und bildgebend häufig nicht klassisch wie im Lehrbuch, sondern als Unter- oder Mischformen unterschiedlicher pathophysiologischer Mechanismen. So können sich zunächst Anzeichen einer beginnenden Parkinsonerkran- kung ergeben, während im Verlauf ein Demenzsyndrom dominiert. Es gibt auch Symptomatologien, die ins- besondere bei älteren Patienten mit einem klassischen Demenzsyndrom verwechselt werden und andere Ursa- chen haben, beispielsweise die Pseu- dodemenz bei Depression. Diagnose mit Augenmaß Zur Diagnosefindung wird schritt- weise vorgegangen: Bei entsprechen- dem Leidensdruck folgt auf die hau- särztliche und nervenärztliche Dia- gnostik die fallbezogene Evaluierung, ob beziehungsweise welche morpho- logische oder funktionelle Bildge- bung indiziert ist. Auch individuelle Vorerkrankungen, Risikofaktoren, Medikation sowie die differenzial- diagnostischen „blinden Flecke“ der Methoden müssen beachtet werden. Beispielsweise können FDG-PET und HMPAO-SPECT zerebrale Mi- kroangiopathien häufig erst im fortge- schrittenen Stadium erkennen. Ande- rerseits ergeben CT und MRT insbe- sondere bei jüngeren Patienten trotz deutlicher Symptomatologie häufig Normalbefunde. Beim Radiologen ist der Patient oft bereits hinreichend untersucht. Dr. Boy ist davon über- zeugt, dass man eine Diagnose, die sich bereits morphologisch belegen lässt, nicht zwingend noch funktio- nellbildgebendabklärenmuss:„Wenn das Krankheitsbild schon eine Zeit fortgeschrittenist, können atrophierte Hirnareale bereits im Dünnschicht- CT oder MRT nachgewiesen werden.“ Fisch oder Fleisch Die klassischen Demenzsyndrome und ihre Unterformen zeigen im Krankheitsverlauf typische Kennmu- ster regionaler Funktionsstörungen (vergleiche Abbildung), die sich mit Radiotracern bildgebend darstellen und voneinander abgrenzen lassen. So wird beispielsweise eine Parkin- sonerkrankung mit Demenz oder Frühzeichen sindmessbar Christian Boy absolvierte sein Studium in Marburg und Köln, wo er auch promovierte. Die nuklearmedi- zinische Facharztausbildung erfolgte im Universitäts- klinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und in der Klinik für Nuklearmedizin auf dem Ge- lände des Forschungszentrums Jülich. In Anschluss versah er eine Stelle als Postdoc-Wissenschaftler bei der Helmholtz-Gemeinschaft mit dem Schwerpunkt der präklinischen und klinischen Evaluierung neuer Radiopharmaka des Zentralnervensystems. Nach Tätigkeiten als Oberarzt in den Universitätskliniken der RWTH Aachen, der Universität Duisburg-Essen und dem Inselspital der Universität Bern arbeitet und forscht Christian Boy seit September 2014 im Univer- sitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum. Metabolische Muster bei einem Patienten mit frontotemporaler Demenz (18F-FDG, Software: NEUROSTAT/3D-SSP, Radiology, University of Washington, USA). In der oberen Zeile entspricht die akkumulierte Radioaktivität dem zerebralen Glukosestoffwechsel. Untere Zeilen: Stoff- wechselminderungen nach Normalisierung der Glukoseaufnahme auf verschiedene Referenz- regionen (GLB/Gesamthirn, THA/Thalamus, CBL/Zerebellum und PNS/Pons) und Vergleich mit einem Normalkollektiv; Z-Skala farbkodiert von 0[schwarz] bis -7[rot]. Veranstaltungshinweis: Raum: Congress-Saal Freitag, 30.10.2015, 8:45 Uhr Nuklearmedizinische Bildgebung bei Demenz Christian Boy, Bochum Session: Neuroradiologie Multimodale Visualisierung undAnalyse Philips IntelliSpace Portal erleichtert die Nachbearbeitung und Auswertung ständig wachsender Bilddaten- mengen

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